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Die 14 Vorhänge von Einar Schleef sind ein veritabler Kurz-Monolog, man liest ihn auf anderthalb Buchseiten. Schleef hat sie Bernhard Minetti gewidmet. Und um die Perspektive eines Schauspielers geht es auch, das Theater hat ihn, den Strauchelnden, ausgespuckt, unbehaust zieht er umher, verfolgt vom Theater als Lebens-, Wirk- und Erinnerungsraum.
Das erste Mal öffentlich vorgetragen wurden die 14 Vorhänge von Martin Wuttke 1998 auf der Trauerfeier im Berliner Ensemble für seinen Kollegen Bernhard Minetti. Uraufgeführt wurde dieser Text erst jetzt, am Staatstheater Augsburg, in einer sehr besonderen Weise: Über eine VR-Brille, die der Zuschauende zuhause trägt. Und dabei mitten hineingerät in eine vielschichtige Ausnahmesituation: Das Theater ist nur noch eine gespenstische Hülle, menschenverlassen durch die Pandemie, aber zudem entkernt durch die Gebäudesanierung.
Bei Schleef gespenstert das Theater im verstoßenen Schauspieler weiter, in der Augsburger Umsetzung wird das Theater selbst zum Gespenst. Als hätten der Text und sein Autor geduldig über 20 Jahre auf diese futuristische Konstellation gewartet.