Steinbruch

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Die Uraufführung von Steinbruch im März 2000 im Nationaltheater Mannheim in der Regie von Patrick Schimanski nannte Jürgen Berger in der Stuttgarter Zeitung eine »kleine akustische Sensation mit fünf Schauspielern«. Der furiose innere Monolog eines Soldaten in der Grundausbildung wurde (u.a. neben Jeff Koons von Rainald Goetz) zu den »stücken 2000« bei den Mülheimer Theatertagen NRW eingeladen. Fritsch verarbeitete in dem Text den eigenen Grundwehrdienst Anfang der 1980er-Jahre in der BRD, die Kasernenzeit verstand er als junger Künstler auch als Sprach- und Milieustudie und beschwor »mit pazifistischem Furor den Krieg im Kopf« (Darmstädter Echo, Stefan Benz).

Vorgeführt wird diese Kopfwelt eines Soldaten – ein Trommelfeuer militärischer Phrasen, ein den Körper des jungen Mannes sezierender Text – bei einem Nachtmarsch durch Eis und Schnee und beim Wacheschieben. Die als quälend, demütigend und unmenschlich empfundene äußere Situation schlägt sich nieder in ebenso quälenden, brutalen Gedanken und Phantasien, die immer dichter, hämmernder, immer bedrängender werden. Bei Fritsch fehlt dennoch der (spitzfindige, schwarze) Humor nicht: Da späht der junge Mann verkrampft Richtung Osten, aus dieser Himmelsrichtung, so wurde ihm eingebläut, komme der Feind. Und er folgt dem Schießbefehl seines Vorgesetzten und richtet diesen gegen den Hauptfeldwebel selbst, der sich beim Wacheschieben am Zaun bewegt. Er wäre ein schlechter Soldat gewesen, hätte er nicht geschossen. Der schwer verletzte Hauptfeldwebel ist stolz auf ihn und plädiert für eine Beförderung.

Es sind Stoffe wie diese, die in Zeiten des Krieges wieder gelesen werden sollten und die keinen Zweifel daran lassen, dass die Erfahrungen von Krieg, »dass die Militärmaschine immer Verrohung und Gewalt hervorbringt« (nd, Thomas Irmer 20. August 2024). Werner Fritsch, Jahrgang 1960, schreibt Augenblicke deutscher Geschichte(n) in seine Stücke ein. Besonders stark sind die Texte, die aus dem ureigenen Stoff von Fritschs Familie aus der oberpfälzischen Heimat gewoben sind. Nicht nur in seine Trilogie Wondreber Totentanz, Aller Seelen und Bach, die ihren Ausgang im Trauma der Familie und von Werner Fritschs Vater nehmen, der als Kind zusehen musste, wie seine Eltern nach Kriegsende von plündernden KZ-Häftlingen erschossen wurden. In Bach kommt auch das Schicksal der KZ-Häftlinge zur Sprache, ihre Deportation, die Qualen, die Hinrichtungen im Konzentrationslager.

Werner Fritschs Stück Die Sonne geht auf und die Sonne geht unter, dass die Leiden einer Sintezza und eines Kommunisten im KZ Auschwitz thematisiert, ist noch frei zur Uraufführung.

Werner Fritsch wurde 1960 in Waldsassen/Oberpfalz geboren und lebt in Hendelmühle und Berlin. 1987 erscheint sein vielbeachteter Roman Cherubim. Zu seinen zahlreichen Stücken gehören Chroma, Hydra Krieg, Bach und Wondreber Totentanz oder auch die Monologe Sense, Jenseits, Nico. Sphinx aus Eis, Das Rad des Glücks oder Magma, die auf der Bühne, für den Rundfunk oder fürs Kino realisiert wurden. Außerdem veröffentlichte er Prosa wie zum Beispiel Steinbruch und Stechapfel und drehte u. a. die Filme Das sind die Gewitter in der Natur, Ich wie ein Vogel, Faust Sonnengesang. Seine...
Werner Fritsch wurde 1960 in Waldsassen/Oberpfalz geboren und lebt in Hendelmühle und Berlin. 1987 erscheint sein vielbeachteter Roman...
Autorenfoto zu Werner Fritsch

Stücke


Vorgeführt wird die Kopfwelt eines Soldaten bei einem Nachtmarsch durch Eis und Schnee und beim Wacheschieben. Die als quälend, demütigend und unmenschlich empfundene äußere Situation schlägt sich...