In unserer Lesereihe ZUHÖREN präsentieren wir Autor:innen, die für uns aus einem ihrer Stücke lesen. In der aktuellen Folge liest Konstantin Küspert aus das störschwein oder the pig escape, das am 28. November 2024 seine Uraufführung am ETA Hoffmann Theater Bamberg in der Regie von Daniel Kunze erlebte.
Dieter nervt. Seit er auf der Welt ist, steht er allem und allen im Weg. In der Schule wird er gemobbt, er übertritt ständig unsichtbare Grenzen, ist ein schlechter Schüler, irgendwie schafft er dann doch das Abi. Im Studium lernt er den politischen Aktivismus kennen, aber auch damit gewinnt er keinen Blumentopf. Irgendwann fasst Dieter einen Entschluss: Er muss raus hier, raus aus den Konventionen, raus aus dem engen Korsett der Biederkeit. Dieter macht sich auf nach Ost-Berlin und findet dort endlich ins Leben, geht zum Theater, wird entdeckt und kommt ganz groß raus. Er ist jetzt wichtig. Dieter ist das Störschwein. Eine längst vergessene Kulturtechnik der DDR hat ziemlich schnell eine essentielle Wahrheit verstanden: Sobald an der Rampe ein:e Schauspieler: in zu sehr ins »heilige Sprechen«, ins Deklamieren, abdriftete, wurde am Inspizienzpult ein kleiner Knopf gedrückt. Hervor trat ein rasendes Tier, das sogleich die Bühne stürmte und störte. Aufmerksamkeit wurde neu verteilt und alle Beteiligten wurden zur abwechslungsreichen Improvisation gezwungen. (Wussten Sie’s?)
Konstantin Küspert verwebt in seinem neuen Stück das störschwein oder the pig escape klug und humorvoll die Geschichte eines Störenden mit Exkursen in die Theaterhistorie – und verdeutlicht damit die Wichtigkeit von Irritationen in Systemen, Gesellschaften und nicht zuletzt natürlich auch im Theater. Denn: »wir machen die immer gleichen sachen für das immer gleiche publikum. wir sind nicht hellwach. Wir schlafen. wir träumen von den räuberbanden der vergangenheit und der zukunft. wir sind nur theater.«
»Das amüsanteste Stück, das ich seit sehr langer Zeit gesehen habe.« (Deutschlandfunk Kultur, 28. November 2024)
»Dieses Störschwein, eine geradezu fabel-hafte Erfindung des Dramatikers und Dramaturgen Konstantin Küspert, ist schon eine arme Sau.« (Die Deutsche Bühne, 29. November 2024)