In unserer Lesereihe ZUHÖREN präsentieren wir fortlaufend eine Autorin oder einen Autor, die für uns aus einem ihrer Stücke lesen. In der aktuellen Folge liest
Miroslava Svolikova aus
RAND, das im September 2020 UA am Schauspielhaus Wien hatte (Regie: Tomas Schweigen) und am 22. März 2022 seine DEA am Theater Vorpommern erleben wird.
»am rand tummeln sich allerlei gestalten. da fahren astronauten die ränder des universums ab – oder sind selbst der rand, der abgefahren, der untersucht wird. expeditionen treffen auf unbekanntes leben, (tetrissteine! einhörner! projektionsf lächen, wunschobjekte; das andere, das wilde, das fremde, exotisierung, othering: der rand des eigenen), die soziologie hat viel zu sagen: oxytocin, das glückshormon, schweißt uns zusammen, grenzt uns aber auch gegen andere gruppen ab. kein ›wir‹ ohne ein ›die‹. abscannen von gruppendynamiken: wer gehört an den rand, wer definiert welchen rand wo? wer ist wo die mitte? am rand sitzen auch die zuschauer und schauen zu. am rand ist man auch neben sich, da ist das unbewusste, das reinfunkt, oder die erzählung, die handlung.« (Miroslava Svolikova)
So beschreibt die Autorin Miroslava Svolikova selbst das Szenario von
RAND, auf dessen tänzelndem Wortsaum Berufs- und Funktionsgruppen sowie herausragende Einzelfiguren aneinander vorbeitreffen. Bis ein unbeteiligter Beobachter zum liebeshungrigen Terroristen mutiert, sie alle in Geiselhaft nimmt und derart ein Aufeinandertreffen herbeiführt. Mit feinsinnigem Wortwitz entfaltet die Autorin ein vielschichtiges Nachdenken darüber, wer eigentlich die Mitte besetzt, bei all den real existierenden Randlagen und, weiter, abstrakter, was
RAND als philosophische und poetische Dimension bedeutet:
»ich sehe mehrere wege, sich dem rand anzunähern: aus der mitte heraus, das ist der sozialwissenschaftliche blick; aus dem selbst heraus, dann ist der rand immer der rand des eigenen, das andere die projektion; aus einer existenzialistischen verfasstheit des menschen heraus, der immer vom ausschluss bedroht ist, dem ausschluss, der gemeinschaft konstituiert.« (Miroslava Svolikova)