Der Gedichtband Die Frau und die Tiere der Berliner Schriftstellerin Gertrud Kolmar erschien im Sommer 1938 und wurde im Zuge der Reichspogromnacht und der Auflösung der jüdischen Verlage im November von den Nazis konfisziert. Gertrud Kolmar wird im März 1943 in Auschwitz ermordet. Über 60 Jahre später nimmt die in Berlin lebende Schriftstellerin Gerlind Reinshagen diesen Titel auf, variiert ihn und schreibt mit Die Frau und die Stadt einen höchst ungewöhnlichen Text für das Theater – es wird ihr vorletzter sein. Darin imaginiert Reinshagen eine Gertrud Kolmar, die nachts die 285 Stufen der Siegessäule hinaufsteigt, um sich durch einen Sprung in den Tod von dem Leben, das ihr bevorsteht, zu befreien. Reinshagen bringt Kolmar in ein Selbstgespräch mit sich und der Stadt, die geliebte urbane Heimat ist und zur Todesfalle wurde, in der sie Zwangsarbeit leisten und den Judenstern tragen muss. Die Figur Kolmar geht in Dialog mit ihrer Entscheidung, beim alten Vater zu...